Hast du dir jemals gewünscht, nicht so viel über gesunde Ernährung und Lebensmittel zu wissen?
Vor etwa neun Jahren war ich ca. 20 kg schwerer als ich es heute bin. Ich hatte eine böse Nasennebenhöhlenentzündung und schlief einige Tage durch. Als ich wieder gesund war, beschloss ich, meine Ernährung komplett umzustellen. Es war buchstäblich mein Weckruf. Von diesem Tag an ersetzte ich Frittiertes, Fastfood und Soda mit stillem Wasser, grünem Tee, frischen Lebensmitteln und magerem Fleisch und begann regelmäßig Sport zu machen. Ich trat zum ersten Mal in meinem Leben einem Fitness-Studio bei und bekam einen persönlichen Trainer an die Seite gestellt.
Low Carb, High Protein oder Smoothies?
Das war auch der Zeitpunkt, an dem ich begann mehr über Ernährung zu erfahren, indem ich viele Bücher, Artikel und Zeitschriften las und mich mit anderen zu dem Thema austauschte. Natürlich habe ich auch einige Diäten probiert, zum Beispiel „Low Carb“, also sehr wenig Kohlenhydrate, oder nur Proteine, Reis-, Obst- oder Suppentage, Smoothies, wirklich fast alles.
Einige davon zeigten natürlich auch auf die ein oder andere Art und Weise positive Ergebnisse, jedoch wusste ich, dass solch eine einseitige Ernährung auf Dauer einfach unmöglich ist und es auch nicht gesund sein kann, meinen Körper nur mit bestimmten Gruppen von Lebensmitteln für einen langen Zeitraum zu versorgen.
Denk doch mal an deine Großeltern: sie haben gegessen was sie bekommen haben. Selbstverständlich (und auch glücklicherweise) hat sich die Wissenschaft und Gesellschaft in den vergangenen 100 Jahren weiterentwickelt, jedoch funktionieren unsere Körper in der Regel immer noch mit Hilfe der gleichen Mechanismen.
Good food, bad food
Erst vor kurzem hatte ich ein tolles Gespräch mit jemandem, der genau wie ich an dem Thema gesunde Ernährung und Fitness interessiert ist und viel darüber liest. Wir erörterten „gute und schlechte“ Lebensmittel, gesunde Ernährungsgewohnheiten, Trends usw. und ich ertappte mich, genau das laut auszusprechen, was mich schon seit langer Zeit beschäftigt: „Ich wünschte, ich würde nicht so viel über Ernährung und Nahrungsbestandteile wissen.“ Nein, ich wollte in diesem Moment nicht mit meinem Wissen angeben. Ich meinte es wirklich ernst und setzte meinen Gedanken fort: „Das sogenannte ‚Naschen‘ bzw. ‚Sündigen‘ würde mehr Spaß machen, wenn ich nicht wüsste was eigentlich da drin steckt und was es für oder ‚gegen‘ meinem Körper tut.“ Mein Gegenüber nickte zustimmend und fügte noch hinzu, dass er sich nach der Zunahme einer „nicht so gesunden Mahlzeit“ sogar schlecht fühlt, aber nicht wegen der Kalorien, sondern weil er weiß, dass dies gerade keine „guten Lebensmittel“ für seinen Körper waren.
Und da war es mir klar: so weit hat uns unser „Wissen“ nun schon beeinflusst und gebracht. Wir lassen uns tatsächlich daran hindern, ein leckeres Stückchen der „nicht so gesunden“ Lebensmittel zu genießen! Wieso lassen wir das überhaupt zu?
Ehrlich gesagt, sind die Mahlzeiten, die ich für mich selbst zu Hause koche ziemlich eintönig und unterscheiden sich eigentlich nur in der Wahl der Proteinquelle und manchmal im Mix der Gemüsesorten. Die Langeweile war vorprogrammiert. Obwohl ich schon einige Zeit vermutet hatte „zu viel“ über gesunde Ernährung und über unsere Nahrungsmittel zu wissen, habe ich dennoch erst durch dieses Gespräch mit der anderen Person begonnen, in die Tiefe zu gehen.
Superfoods oder doch-nicht-so-super-foods?
Mein endgültiges Aha-Erlebnis hatte ich dann letzte Woche, als ich mal wieder einen neuen Artikel über eigentliche „Superfoods“, die jetzt angeblich nach neusten Studien doch nicht so gesund sein sollen, gelesen habe. Und genau dann hatte ich es buchstäblich satt! Nun ist also auch das Trinken von lauwarmem Zitronenwasser oder grünen Smoothies mit Grünkohl nicht gut für unseren Körper.
Ich hielt für einen Moment inne und erinnerte mich an einen wissenschaftlichen Artikel zurück, den ich vor etwa drei Jahren während meines Psychologie Masterstudiums in Chicago gelesen hatte:
Hast du schon einmal von „Orthorexia Nervosa“ gehört?
Das ist eine Essstörung, bei der sich Betroffene obsessiv mit gesunder Ernährung beschäftigen und solch einer Lebensweise strikt nachgehen. Es geht sogar so weit, dass die Betroffenen Restaurants und Cafés vollständig meiden, da sie Angst haben keine Gerichte zu finden, die sie nach ihrem persönlichen Verständnis als „rein“ und gesund klassifizieren. Stattdessen bleiben sie zu Hause, um frische Lebensmittel für ihre Mahlzeiten des Tages vorzubereiten und teilweise sogar vorzukochen.
Also beschloss ich, einen Punkt hinter dieses ganze Thema zu setzen. Nein, ich versuche mich jetzt nicht selbst zu diagnostizieren, jedoch bin ich der Meinung und festen Überzeugung, dass es wichtig ist, auch für Ansichten und Denkweisen, die das eigene Denken und Verhalten herausfordern, offen zu sein und regelmäßig selbst zu reflektieren. Ich bin auch weiterhin kein großer Fan von Symptomlisten und Fragenkatalogen, die klären sollen ob man ein gewisses Leiden hat oder nicht. Es geht um die persönliche Weiterentwicklung, um Selbstreflexion und darum, eigene tiefverwurzelte Ansichten zu hinterfragen.
Nein, ich werde jetzt nicht aufhören Gemüse, Fisch, Obst und meinen geliebten Haferbrei am Morgen zu essen. Genauso wenig wird jetzt rotes Fleisch oder Frittiertes auf meinem Speiseplan stehen. Jedoch werde ich einige der leckeren „nicht so gesunden“ Lebensmittel wieder mit Genuss und ohne schlechtes Gewissen auf meinen Speiseplan setzen. Seien wir doch mal ehrlich: so ein schönes Stückchen Schokolade oder eine warme Apfeltasche hat noch niemanden geschadet und machen doch so manchen bewölkten Tag wieder etwas sonniger, oder?
Trotz allem erkenne und vergesse ich natürlich nicht, wie positiv mich das Essen von viel Gemüse, Obst und Vollkornprodukten, sowie das Trinken von grünem Tee und Wasser, hinsichtlich meines allgemeinen Wohlbefindens beeinflusst hat und dies auch noch heute tut. Mir ist aber auch bewusst, dass frisches Gebäck, eine Brezel oder ein Schokoriegel dies nicht gleich „zerstören“ oder rückgängig machen werden.
Ohne Gluten, Laktose, Fruktose?
Ist dir eigentlich auch schon aufgefallen, wie viele „neue“ Nahrungsmittelallergien und Nahrungsmittelunverträglichkeiten in den letzten Jahren plötzlich aufgetaucht sind? Ich stehe dem Ganzen ehrlich gesagt kritisch gegenüber und frage mich, ob wir eigentlich wirklich physisch allergisch oder/und intolerant auf bestimmte Lebensmittel sind oder ob es tatsächlich eher psychologische Unverträglichkeiten oder Allergien sind. Wir sollten nicht unterschätzen wie unglaublich leistungsstark unser Geist ist und wie enorm er unser Empfinden wirklich beeinflusst.
Auf die Balance kommt es an
Worauf es doch am Ende beim Thema gesunder und ungesunder Nahrungsmittel wirklich ankommt ist, wie wir uns fühlen, d. h. eine gute BALANCE zu finden und wieder verstärkt auf unseren eigenen Körper zu hören. Natürlich funktionieren unsere Organe allgemein aufgrund der gleichen Mechanismen, aber dennoch sind wir an sich alle einzigartig. Was manchen Menschen gut tut, muss nicht für alle gut sein und umgekehrt.
Frag dich einmal selbst was dich wirklich gut fühlen lässt, was dich glücklich, satt, ausgeglichen und energiegeladen macht. Beobachte mal Kinder und wie diese ihre Mahlzeiten einnehmen: langsam, bedacht, aufmerksam und sie hören auf, wenn sie satt sind. Verhaltensweisen, die wir als Erwachsene vielleicht auch wieder in unseren Alltag übernehmen sollten.
Der Blick in den Spiegel ist, neben dem guten körperlichen Gefühl, genauso wichtig. Achte auf dein Erscheinungsbild, deine Haare, Haut, Nägel und Teint. Dein Körper wird dir genau zeigen, wenn dir bestimmte Nährstoffe fehlen. In solchen Fällen sind unsere Lebensmittel auf jeden Fall die beste Medizin.
Zu guter Letzt sollten wir natürlich die regelmäßige Bewegung nicht vergessen! Das Leben ist zu kurz, um es nicht in vollen Zügen zu genießen!
Weiterführende Lektüre: „Orthorexia Nervosa“ auf Projekt Gesund Leben
Unser Buchtipp: Deliciously Ella: Genial gesundes Essen für ein glückliches Leben