Trauerphasen – Modelle und Aufgaben des Trauerprozesses

Trauerphasen helfen, die eigenen Gefühle nach einem schwerwiegenden Verlust zu verstehen und anzunehmen. Trauerforscher und Psychologen definierten in der Vergangenheit verschiedene Phasenmodelle der Trauer. Alle Informationen und Ansätze lesen Sie hier.

Inhalt

  1. Trauerphasen nach Verena Kast
    1. Phase 1: Nicht-Wahr-haben-wollen
    2. Phase 2: Aufbrechende Emotionen
    3. Phase 3: Suchen und Sich-Trennen 
    4. Phase 4: Neuer Selbst- und Weltbezug
  2. Trauerphasen nach Elisabeth Kübler-Ross
    1. Phase 1: Leugnen
    2. Phase 2: Zorn
    3. Phase 3: Verhandeln
    4. Phase 4: Depressionen
    5. Phase 5: Akzeptanz
  3. Trauerphasen bei Kindern
  4. Trauerbegleitung

Trauerphasen nach Verena Kast

Eines der verbreitetsten Modelle der Trauerbewältigung stammt von Verena Kast. Die Schweizer Professorin für Psychologie forschte zum Thema Trauer im therapeutischen Prozess und schaffte eine der wichtigsten Grundlagen für das Verständnis der Trauerprozesse. 

Jede Trauer ist individuell und von verschiedenen Faktoren abhängig. Persönlichkeit, Todesumstand und -ursache und die Beziehung zur verstorbenen Person spielen eine große Rolle. Der Verlust eines geliebten Menschen, eines Haustieres oder einer Arbeitsstelle bildet den Beginn. Das Ende ist durch einen Neuanfang oder eine Neuorientierung geprägt. Art und Laufzeit des Trauerprozesses sind bei jedem Hinterbliebenen anders. Orientierung bietet Kasts Darstellung der Trauer in vier Phasen.  

Phase 1: Nicht-Wahrhaben-Wollen

Der Verlust setzt Angehörige unter Schock. Die Welt steht Kopf und scheint sich für einen Moment nicht weiterzudrehen. Egal, ob der Tod überraschend kommt oder absehbar ist, er verändert das Leben der Hinterbliebenen. Zuerst wird der Tod geleugnet. Der Verlust wird zu Anfang nicht realisiert. Trauernde wirken in dieser Zeit oft ruhig und gefasst, teilweise auch verstört und apathisch. Routinen werden beibehalten. Es besteht die Hoffnung auf eine Rückkehr der verstorbenen Person. Die Beziehung wird aufrechterhalten. Dieser Zustand kann zwischen wenigen Stunden bis hin zu mehreren Tagen andauern.

Was hilft in dieser Zeit?

Trauernde brauchen in dieser Zeit Hilfe bei alltäglichen Dingen. Sie müssen dort unterstützt werden, wo Überforderung auftritt. Alltägliche Besorgungen, Organisatorisches und Hilfestellung bei Entscheidungen für die Beerdigung helfen in diesem Moment. Seien Sie für Betroffene da und lassen Sie sie nicht allein. Eine Trennung kann Angstzustände auslösen. Mitgefühl, Wärme und ein offenes Ohr, sofern Redebedarf besteht, sind jetzt wichtig. 

Phase 2: Aufbrechende Emotionen

Nach dem Schock und der Ruhe bahnen sich Gefühle ihren Weg. Sie brechen mitunter unerwartet aus. Wut, Zorn, Angst, Leid und Schmerz werden empfunden. Je nach Persönlichkeit und Zustand variieren die Empfindungen. Viele Fragen beschäftigen die Hinterbliebenen: 

  • Hätte der Tod verhindert werden können?
  • Warum darf ich weiterleben?
  • Womit habe ich das verdient?
  • Hätte ich besser aufpassen können?

Die daraus resultierenden Schuldgefühle belasten stark. Trauende Menschen leiden in der zweiten Phase häufig unter Angstzuständen, Schlaflosigkeit und Appetitlosigkeit. Die Gefühle in dieser Zeit sollten keinesfalls unterdrückt werden. Sie brechen sonst zu einem späteren Zeitpunkt auf und verursachen Depressionen. Die Dauer der Phase kann zwischen wenigen Wochen bis zu mehreren Monaten liegen.

Was hilft in dieser Zeit?

Gefühlsausbrüche und Emotionen zulassen. Ablenkung oder das Ausreden der Gefühle führen zur Verzögerung der Trauerphase. Zuhören, da sein und positives Erinnern schaffen einen guten Raum, um Emotionen zu verstehen und zuzulassen. Die Trauerbegleitung ist hier eine wichtige Hilfestellung für Betroffene.

Phase 3: Suchen und Sich-Trennen

In der dritten Phase kommt es zu einem Aufbruch. Der Verlust wird realisiert und wahrgenommen. Trauernde halten sich an Erinnerungen und Gemeinsamkeiten fest. Eigenschaften und Aussehen der verstorbenen Person werden im Alltäglichen gesucht und gefunden. Trauernde sprechen in dieser Zeit von Begegnungen. Dieses Aufeinandertreffen kann tiefe Verzweiflung und Schmerz auslösen, aber auch Glück und Kraft. Suizide oder suizidale Gedanken treten in der dritten Trauerphase verhältnismäßig oft auf. 

Angehörige besuchen in der Zeit öfter das Grab, Orte, die sie mit der toten Person verbinden oder schaffen sich visuelle Erinnerungen. Im gesamten Prozess kommt es zu einem Zeitpunkt, in dem Trauernde in die Zukunft blicken 

Stück für Stück findet eine Trennung vom geliebten Menschen statt. Diese Phase kann Wochen, Monate oder sogar Jahre dauern.

Was hilft in dieser Zeit?

Das Zauberwort der Trauerphase heißt Geduld. Trauerbegleitende geben trauernden Personen Zeit, Geschichten und Erinnerungen zu erzählen, Fantasien zuzulassen und sich neu zu orientieren. Begleiten Sie Wut, Trauer oder suizidale Gedanken ohne Verurteilung und bestärken Sie den Gedanken der Neuorientierung.

Phase 4: Neuer Selbst- und Weltbezug

Die Seele, der Körper und der Geist kommen langsam zur Ruhe. Die vergangene Zeit war kräftezehrend und heilsam zugleich. Verstorbene haben einen neuen Platz im Alltag eingenommen. Das Leben geht jetzt weiter. Der Trauerprozess hinterlässt bei Betroffenen Spuren. Die Zukunft wird anders wahrgenommen. Pläne werden geschmiedet. Hinterbliebene empfinden wieder Freude und Mut. Der Umgang mit Menschen wird genossen. Und dennoch bleiben Verstorbene immer ein Teil dieses neuen Lebens.

Was hilft in dieser Zeit?

Klammern Sie sich nicht an Betroffene und nehmen Sie hin, unter Umständen nicht mehr gebraucht zu werden. Neues muss akzeptiert werden und Veränderungen werden positiv bestärkt. Die Trauerbegleitung findet in der vierten Trauerphase ein langsames Ende. Rückfälle sollten frühzeitig erkannt und gemeinsam bewältigt werden.

Trauerphasen nach Elisabeth Kübler-Ross

Die Trauerphasen nach Elisabeth-Ross unterscheiden sich etwas von den Trauerphasen von Verena Kast. Die Psychologin stellt ein Modell vor, in dem Menschen nach dem Tod fünf verschiedene Phasen der Trauer durchlaufen. Die einzelnen Trauerphasen beschreiben, wie der Tod erlebt wird. 

Phase 1: Leugnen

Die erste Phase von Kübler-Ross beschreibt ebenfalls das Nicht-Wahr-haben-wollen von Verena Kast. Der Tod wird bewusst verdrängt und geleugnet. Die Trauerphasen können vor dem Tod beginnen. Eine schwere Diagnose oder ein bevorstehender Tod läuten den Beginn der Trauer ein.

Phase 2: Zorn

Die zweite Trauerphase ist durch Wut, Zorn und Verzweiflung geprägt. Hinterbliebene richten ihre Gefühle entweder gegen die verstorbene Person oder die Umwelt. Es stellt sich die Frage, warum alle leben, nur die tote Person gehen musste. Trauerbegleiter sollten die Emotionen keinesfalls persönlich nehmen und mit einem offenen Ohr reagieren.

Phase 3: Verhandeln

Schuldgefühle sind Bestandteil der dritten Trauerphase nach Kübler-Ross. Gespräche mit den Verstorbenen, mit Gott oder mit weiteren Angehörigen greifen das Thema Schuld auf. Trauernde sind auf der Suche nach Erleichterung ihrer Schmerzen. Traueraufgaben sehen Briefe an verstorbene Menschen vor, die helfen, den Konflikt zu bewältigen.

Phase 4: Depressionen

Innere Leere, depressive Verstimmungen und Empfindungslosigkeit sind typische Gefühle der vierten Phase. Kübler Ross spricht von tiefer Trauer und Gedanken rund um den Verstorbenen. Die Trauerarbeit tritt dieser Zeit mit Geduld und Mitgefühl entgegen. 

Phase 5: Akzeptanz

Der Tod ist ein Bestandteil des Lebens geworden und Realität. Trauernde befinden sich in einem Zustand der Resignation. Die Bewältigung ist nicht abgeschlossen. In der Auseinandersetzung mit dem Verlust kommt es zu Zurückweisungen von Freunden und neuen Wegen des Trauerns. Gefühle und Reaktionen richten sich plötzlich gegen die Mitmenschen. Die Trauerarbeit ist noch im Gange und dient weiterhin als Stütze für Betroffene. 

Trauerphasen bei Kindern

Abhängig von Alter und Entwicklungsphase nehmen Kinder den Tod unterschiedlich wahr. Die Trauerphasen laufen ähnlich zu denen von Erwachsenen ab. 

  • Phase 1: Die Schockphase oder Nicht-Wahr-haben-wollen
  • Phase 2: Kontrollierte Phase
  • Phase 3: Regression
  • Phase 4: Adaption

Trauerbegleitung

Der Verlust eines geliebten Menschen ist eine der schmerzlichsten Erfahrungen im Leben. Für diesen Zustand gibt es keinen Ablaufplan, kein Formblatt und kein Richtig oder Falsch. Jeder Mensch trauert auf seine Art und Weise. Und das ist völlig in Ordnung.

Um den tiefen Schmerz besser zu verarbeiten, helfen Trauerbegleiter. Gespräche sind notwendig. Betroffene und Angehörige finden bei verschiedenen Anlaufstellen die richtigen Ansprechpartner. Ein offenes Gespräch und der Austausch über aktuelle Gefühle ist heilsam und hilft bei der Trauerbewältigung.

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